Die stille Gefahr im Bauch

Häufig wird die Diagnose als Zufallsbefund beim Ultraschall des Bauchraumes entdeckt. FOTO KLINIKUM VEST

Klinik für Gefäßchirurgie im Klinikum Vest: Screening-Untersuchungen helfen, ein Bauchaortenaneurysma zu behandeln, bevor es reißt.

16.06.2022

Albert Einstein, Thomas Mann, Charles de Gaulle – sie alle sind an einem geplatzten Bauchaortenaneurysma gestorben. Das muss heute nicht mehr sein, denn längst kann man ein Aneurysma frühzeitig durch ein einfaches schmerzloses Ultraschall-Screening bei einer simplen Vorsorgeuntersuchung erkennen beziehungsweise seiner Entstehung vorbeugen.Unter einem Aneurysma versteht man die Erweiterung einer Schlagader (Aorta). Sie kann in allen Körperregionen auftreten, kommt jedoch am häufigsten in der Bauchschlagader vor. Die Hauptgefahr besteht darin, dass ein Aneurysma plötzlich platzen und zu inneren Blutungen führen kann.Die meisten Aneurysmen werden durch eine Gefäßverkalkung hervorgerufen. Aktive und frühere Raucher sind besonders gefährdet, darüber hinaus beobachten Experten auch eine erbliche Veranlagung. Frauen haben ein etwas niedrigeres Risiko, sollten jedoch bei Risikofaktoren ebenfalls untersucht werden, rät Dr. Jan F. Brinkmann, Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie am Klinikum Vest. Seit zehn Jahren leitet Dr. Brinkmann die Klinik für Gefäßchirurgie und brachte seinen Schwerpunkt, die Behandlung des Bauchaortenaneurysmas, damals schon mit.Er sagt: „Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als 100.000 Menschen Träger einer solchen Aussackung der Bauchschlagader sind. Drei bis fünf Prozent der Männer über 60 Jahren sind betroffen. Etwa sechs Mal mehr Männer als Frauen entwickeln die meist symptomlose, langsam wachsende Veränderung. Genau das ist die Krux: Denn häufig wird die Diagnose erst als Zufallsbefund beim Ultraschall des Bauchraumes entdeckt.“Erst wenn die Aussackung an Größe zunehme, könnten Schmerzen im Bauchraum und im Rücken plötzlich auftreten, so der Chefarzt. Dies seien bereits ernste Alarmzeichen. „Unbehandelt kann die Erkrankung zum schweren Schock und auch zum Tod führen. Nach wie vor liegt die Todesrate bei unbehandelten Aneurysmen, die im Notfall versorgt werden müssen, bei nahezu 90 Prozent.“ Deshalb ist es wichtig, dass sich insbesondere Männer, aber auch Frauen, einer Screening-Untersuchung unterziehen. Diese ist schmerzlos und besteht in einer regelmäßigen strahlenfreien Ultraschalluntersuchung der Bauchschlagader.Wird dabei ein kleines Aneurysma festgestellt, sollte es per Ultraschall überwacht werden. Ist jedoch bei einer Größenzunahme ab fünf Zentimetern eine Operation nötig, gibt es zwei verschiedene Verfahren: Bei der konventionellen, offenen Operation wird der Bauch geöffnet. Oberhalb und unterhalb der Gefäßerweiterung wird das Blutgefäß abgeklemmt, längs eröffnet und eine Gefäßprothese als Ersatz eingenäht.Obwohl es sich bei dem offenen chirurgischen Eingriff um ein medizinisch bewährtes Verfahren handelt, ist bei einigen Patienten das endovaskuläre Verfahren besser geeignet. Es ist weniger belastend und besteht darin, eine endovaskuläre Prothese in das erkrankte Aortensegment einzusetzen. Anschließend verbleibt die Stentprothese dauerhaft in der Aorta.Dieses Verfahren ist auch unter örtlicher oder einer rückenmarksnahen Betäubung machbar und ermöglicht es dem Patienten, schon nach kurzer Zeit wieder seinen normalen Alltag aufzunehmen. Bei dieser Methode ist kein großer Bauchschnitt nötig. Ganz im Gegenteil werden die Leistenschlagadern beidseits lediglich über einen kleinen Schnitt aufgesucht und über diese die Einführbestecke für die Prothese eingebracht. Im Vorfeld hat der Gefäßchirurgie bereits die passende Größe der Endoprothese ausgewählt.In Abstimmung mit dem Patienten und den bestehenden Begleiterkrankungen wird am Klinikum Vest jeweils das optimale Verfahren beim Bauchaortenaneurysma ausgewählt.Kontakt:Klinik für GefäßchirurgieDr. Jan F. BrinkmannSekretariat: Birgit LombeTel. (02361) 56-5001Fax: (02361) 56-5011www.klinikum-vest.de