Wie Aktivierung Demenzkranke stärkt

Für die Aktivierung eignet sich alles, was die Sinne anspricht – zum Beispiel farbenfrohe Bilder. In einigen Museen gibt es Ausstellungen, die sich speziell an Demenzkranke richten. FOTO MALTE CHRISTIANS/DPA

Eine Demenz schränkt das Leben immer mehr ein. Das heißt aber nicht, dass nichts mehr ginge. Durch kleine Aufgaben fühlen sich Demenzkranke gebraucht. Wie Angehörige sie einbinden können.

16.06.2022

Medikamente, die eine Demenz heilen, gibt es noch nicht. In der Anfangsphase können manche Mittel eine Verschlechterung verzögern. Bei mittlerer oder schwerer Demenz wird allerdings oft auf ruhigstellende Medikamente gesetzt.Dabei sind Medikamente längst nicht alles, wenn es darum geht, möglichst gut mit der Demenz zu leben. Die sogenannte Aktivierung ist für die Betroffenen mindestens genauso wichtig - wenn nicht sogar noch wichtiger.Aktivierung kann ganz viele Formen annehmen. Es kann heißen, kleine Aufgaben in Haushalt und Garten zu übernehmen. Oder Beschäftigungen nachzugehen, die die Sinne ansprechen - Musik von früher zu lauschen oder barfuß durch den Garten zu laufen. Im Kern geht es darum, aktiv zu bleiben. 

Oft geht mehr als gedacht

„Es wirkt sich positiv auf die Gedächtnisleistung aus, je aktiver eine Person mit Demenz ist“, sagt Laura Mey, Beraterin beim Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft. Die Betroffenen können ihre Fähigkeiten so länger erhalten. Und: Oft zeigt sich, dass sie noch mehr können als ihre Angehörigen vermuten.

„Wenn man Menschen mit Demenz gut aktiviert, können sie noch ganz viel selbständig machen“, sagt Susette Schumann. Als Präsidentin der Deutschen Fachgesellschaft für aktivierend-therapeutische Pflege (DGATP) bildet sie Pflegefachkräfte aus.

Aktivierung ist dabei mehr als „nur“ Freizeitgestaltung. Sie umfasst den gesamten Alltag. So können Demenzkranke etwa den Flur fegen oder Staub wischen. „Die Fähigkeit, das zu tun, ist oft noch da. Aber man kommt vielleicht nicht unbedingt auf die Idee und weiß nicht mehr, wo die Putzsachen stehen“, sagt Laura Mey.

Sich gebraucht fühlen

Wichtig seien daher konkrete Anweisungen: „Du kannst die Fensterbank im Wohnzimmer abstauben, hier ist der Lappen.“ Genauso kann man Betroffenen den Korb mit der frisch gewaschenen Wäsche in die Hand geben und sie zum Wäscheständer führen.

„Auch Menschen mit Demenz wollen sich nützlich fühlen. Das ist ein gutes Gefühl und führt zu einer gewissen Ausgeglichenheit“, erklärt Mey.

Angehörige sollten daher überlegen, wie sie die erkrankte Person einbinden können. Möglichkeiten gibt es viele, zum Beispiel bei wiederkehrenden Tätigkeiten. „Eine Aufgabe kann zum Beispiel sein, die Post aus dem Briefkasten zu holen“, schlägt Mey vor. Das jeden Tag zu tun, bringt Routine in den Alltag. Routinen sind gerade für Menschen mit einer Demenz wichtig, da sie Sicherheit, Struktur und Orientierung geben.

Die Sinne ansprechen

Aktivierung kann aber auch heißen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Mit Bildern, Gerüchen oder Gegenständen können Angehörige Reize setzen - am besten abgestimmt auf die Vorlieben der Person mit Demenz.

„Hat jemand gerne genäht und sich für Kleidung und Mode interessiert, kann das zum Beispiel eine Kiste mit verschiedenen Stoffen sein“, sagt Mey. Anschauen, befühlen und darüber sprechen – gut ist, wenn Demenzkranke Dinge in die Hand nehmen können. Weitere Anregungen erhalten Angehörige auch in der App „Alzheimer and You“ der Alzheimer-Gesellschaft.

Egal für welche Aktivität man sich entscheidet: Sie sollte möglichst klein und überschaubar sein. „Menschen mit Demenz haben irgendwann große Probleme mit der Konzentration. Sie können sie etwa zehn Minuten lang halten“, sagt Susette Schumann.

Infos an das Heim weitergeben

Aktivierung wird aber nicht nur von Angehörigen durchgeführt, sondern auch in Pflegeeinrichtungen. Kommt ein Mensch mit einer Demenz ins Heim, können Angehörige biografische Hinweise weitergeben, die bei der Aktivierung helfen können.

Eine weitere Möglichkeit: Familienmitglieder können bei einer Aktivierung im Heim dabei sein. „Ich erlebe oft, dass sich Angehörige mal dazusetzen“, sagt Susette Schumann. „Als Heim würde ich dazu sogar einladen.“ Denn das kann für Sohn oder Tochter eine große Hilfe sein, wenn sie nicht so recht wissen, wie sie mit dementen Eltern umgehen sollen. dpa