Jugendliche sollen früh ans Steuer

Die Fahrschülerin möchte den Führerschein mit 17 erwerben. FOTO: DPA

Niedersachsen setzte schon vor 20 Jahren auf den Führerschein mit 17.

08.06.2024

Zum ersten Mal hinter dem Lenkrad eines Autos, alles kommt einem so unglaublich schnell vor. Manch ein Fahrlehrer muss dann erst zeigen, was ein beherzter Tritt aufs Gaspedal bewirkt. Der Respekt vor der Geschwindigkeit aber, der verliert sich bald.

Kein Wunder, dass ein Gedanke bei vielen Eltern wohl noch immer ein mulmiges Gefühl auslöst: Soll der Nachwuchs schon mit 17 Jahren Auto fahren dürfen - oder gar mit 16, wie es seit Jahren diskutiert wird? „Das begleitete Fahren ist aus unserer Sicht ein großer Erfolg“, sagt Heiner Sothmann von der Deutschen Verkehrswacht. ADAC-Sprecher Andreas Hölzel betont: „Der Führerschein mit 17 war und ist ein Gewinn.“

Dabei war der Widerstand riesig, als Niedersachsen dies vor 20 Jahren, am 19. April 2004, als erstes Bundesland in einem Modellversuch einführte - gegen den Willen der damaligen Bundesregierung, und auch der ADAC war dagegen.

Lang ist's her. Denn schon Anfang 2008 gab es in allen Bundesländern den Führerschein mit 17, 2011 wurde daraus eine bundesweit gesetzlich geregelte Möglichkeit. An dem Modellversuch konnten zunächst nur Jugendliche in insgesamt 18 Städten und Kreisen in Niedersachsen teilnehmen - darunter Braunschweig, Göttingen, Hannover und Wolfsburg. Später wurde der Versuch dann auf das ganze Bundesland ausgedehnt.

Jugendliche, die sich bereits mit 17 hinters Steuer setzten, wiesen nach Einschätzung der Deutschen Verkehrswacht ein deutlich geringeres Unfallrisiko auf als jene, die die Begleitphase nicht nutzten.

Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen kommen die jungen Fahrer im ersten Jahr des selbstständigen Fahrens auf 19 Prozent weniger Unfallbeteiligungen und 18 Prozent weniger Verkehrsverstöße im Vergleich mit gleichaltrigen Fahrern, die auf die Begleitung ab 17 verzichtet haben. Auffällig dabei: Der Evaluation zufolge sank die Zahl schwerer Verkehrsauffälligkeiten stärker als die der Bagatellfälle. Nach Angaben der niedersächsischen ADAC-Sprecherin Alexandra Kruse belegen Studien, dass 18bis 24-Jährige durchaus mehr Verkehrsunfälle verursachen als ältere Fahrer - in den vergangenen Jahren aber sei die Zahl der verunglückten deutlich jungen Fahrer gesunken. Laut ADAC-Unfalldatenbank wurde 2008 noch mehr als jeder dritte Unfall von einem Fahranfänger verursacht. 2019 war es nur noch jeder Fünfte. 

Junge Autofahrerinnen und -fahrer seien eine „Hochrisikogruppe im Straßenverkehr“, sie hätten wenig Fahrpraxis, gleichzeitig scheuten sie oft keine Risiken. Führen sie in Begleitung, profitierten sie von der Erfahrung der Begleitperson. Tatsätlich sagte eine Begleiterin dem ADAC: „Ich habe gemerkt, wie mein Kind sicherer geworden ist.“ Dennoch sank laut Tatsächlich Kraftfahrtbundesamt die Zahl der Führerschein-mit-17-Absolventen über die Jahre. Erst 2022 stieg die Zahl wieder leicht auf 114 195, im vergangenen Jahr dann auf 117 105. Allerdings sei auch die Zahl der neu erworbenen Führerscheine insgesamt gesunken, betont Sothmann. 2016 gab es über 1,5 Millionen Fahrerlaubnisse unter den 18 bis 20-Jährigen, 2023 waren es nur noch etwa 1,2 Millionen. Auch nutze nur rund die Hälfte der Führerscheinbewerberinnen und -bewerber das begleitete Fahren ab 17, sagt ADAC-Sprecher Hölzel. Nur wenige davon schöpfen dabei den vollen Zeitraum aus - weil die Ausbildung häufig erst mit 17 Jahren beginne und die Zeit bis zur Prüfung in der Regel mehr als ein halbes Jahr beanspruche. dpa