Haus- und Gartenbesitzer sehen sich zunehmend mit extremen Wetterereignissen konfrontiert - etwa Starkregen, der binnen weniger Minuten Flächen fluten kann. Eine Möglichkeit, mit so viel Nass umzugehen, ist ein Regengarten.
„Regengärten sind begrünte Senken, in die das Oberflächenwasser von Dächern, Wegen und Einfahrten geleitet wird. Sie absorbieren bis zu 30 Prozent mehr Wasser als Rasen und sind wichtige Biotope, weil sie zahlreichen Tieren ein Zuhause bieten“, sagt Gartendesignerin und Buchautorin Annette Lepple.
Regengärten entlasten so nicht nur die Kanalisationen bei starkem Niederschlag und reduzieren die Gefahr durch Überschwemmungen. Im städtischen Bereich können solche Flächen auch einen Beitrag zum Gewässerschutz leisten, sagt Landschaftsgärtner Benjamin Küsters aus Neuss. „Regengärten sind wie kleine pflanzliche Kläranlagen. Sie filtern Feinstaub, den der Regen von den Dächern spült, und binden ihn in der Erde.“
Zudem können sie das Mikroklima beeinflussen: „Durch die Verdunstung der Feuchtigkeit entsteht eine aktive Kühlung, die die Lebensqualität in den Städten steigert und dem Klimawandel entgegenwirkt.“
Aus der Not eine Tugend machen
Neu ist die Idee solcher Flächen nicht. „Man hat schon immer versucht, aus der Not eine Tugend zu machen und mit gesundem Menschenverstand und einfachen Mitteln die Topografie zu nutzen“, sagt Küsters.
Als Konzept wurden Regengärten laut Lepple Ende des 20. Jahrhunderts aufgegriffen; hierzulande kennt man sie auch als Schwammstadt. „Regengärten wurden in den 1990er Jahren in den USA entwickelt, weil man nach Lösungen suchte, um Überflutungen nach sintflutartigen Regenfällen im urbanen Raum zu vermeiden“, so Lepple.
Für Landschaftsarchitektin Hanne Roth aus Ingolstadt sind solche Versickerungsflächen in der heutigen Zeit im privaten Bereich unabdingbar - nicht nur im städtebaulichen Kontext, wo sie teilweise schon Pflicht sind. „Wir müssen mit den Ressourcen viel verantwortungsbewusster umgehen. Durch die Klimaveränderungen wird der Spagat immer größer werden zwischen trockenen, heißen und kühlen, nassen Jahren. Damit werden sich auch die Bedingungen für Pflanzen und Menschen eklatant verändern.“
Empfehlung: 20 Prozent der Fläche
Im eigenen Garten lässt sich eine Versickerungsmulde recht einfach anlegen. Die Größe der Fläche spielt laut Küsters keine Rolle. „Die Größe des Regengartens sollte 20 Prozent der Fläche betragen, von der das Oberflächenwasser eingeleitet wird“, empfiehlt Lepple.
Damit sich das Wasser sammeln, langsam versickern und verdunsten kann, eignet sich laut Küsters ein halbschattiger oder besser ein sonniger Standort mit lehmigem oder stark verdichteten Boden. Seine oberen Schichten sollten mit Kies und Sand aufgelockert werden. „Der Boden muss binnen 48 Stunden abtrocknen können. Staunässe ist für die meisten Pflanzen der Tod“, erklärt der Landschaftsgärtner.
Lepple hält Flächen mit schweren Lehmböden und/oder einem hohen Grundwasserpegel für ungeeignet. Ihr Tipp: eine Drainageprobe, bei der ein 25 Zentimeter tiefes Loch mit Wasser gefüllt wird. „Wenn das Wasser versickert ist, füllt man das Loch erneut und beobachtet, wie lange es dauert, ehe das Wasser abgeflossen ist. Es sollten mindestens 50 Millimeter pro Stunde versickern.“
Zisterne für Gieß- oder Toilettenwasser integrieren
Für den Hausgarten empfiehlt die Gartendesignerin, die Senke mindestens drei Meter vom Gebäude entfernt anzulegen. „Es dürfen keine Baumwurzeln in der Nähe sein. Bei der Anlage muss man unter anderem darauf achten, dass der Ablauf tiefer als der Einlauf liegt.“
Eine tiefe Grube ist grundsätzlich nicht notwendig. „Schon zehn bis 15 Zentimeter Höhenunterschied haben einen großen Effekt“, sagt Küsters. Auch Rohre müssen für die Anlage nicht verlegt werden. Im Gegenteil: „Leiten Sie das Wasser auf jeden Fall oberirdisch vom Dach in das Beet ein, als Rinnsal über die Terrasse oder den Weg. Wenn Blätter oder Moosreste vom Dach die Verlängerung der Fallrohre verstopfen, entsteht ein Rückstau bis zur Dachrinne.“ Wer das Wasser nicht einfach dem Grundwasser zuführen, sondern es nutzen möchte, kann eine Zisterne integrieren. „Solche Regenauffangbereiche mit einer unterirdischen Speicherung zu kombinieren, ist für den Hausgebrauch durchaus sinnvoll“, sagt Roth. „Das Wasser kann man für die Toilettenspülung und Waschmaschine verwenden, nicht nur für die Gartenberegnung.“
Auch ein Zuhause für spezialisierte Pflanzen
Ein Regengarten trägt nicht nur zum Wassermanagement bei. Er ist auch optimal für Pflanzen, die sich auf wechselfeuchte Standorte spezialisiert haben. „Je breiter und flacher die Mulde ausgebildet ist, umso besser lässt sie sich mit einem vielfältigen Sortiment bestücken“, sagt Landschaftsarchitektin Roth.
Für die Mitte eignen sich hochwachsende Gräser wie Chinaschilf, Pfeifengras und Rutenhirse, Stauden wie die Indigolupine und diverse Iris-Arten sowie Gehölze, die zeitweise viel Feuchtigkeit vertragen. Dazu zählen unter anderem Blasenstrauch, Perückenstrauch, Mönchspfeffer, Wildrosen und Hartriegel.
Zum Rand hin verwendet Roth Pflanzen, die entweder gut mit Trockenheit zurechtkommen oder sich mit ihren tiefen Wurzeln das Wasser aus den unteren Schichten holen: Wolfsmilch, Gamander, Färber-Hundskamille, Nachtkerzen und Taglilien gehören zur Auswahl. Für saisonale Akzente empfiehlt Lepple pflegeleichte Stauden wie Sonnenhut, Aster und Wiesen-Salbei sowie Gräser wie Chinaschilf und Wald-Schmiele.
Abgesehen von einem jährlichen Schnitt Ende Februar gilt ein Regengarten als pflegearm. In den ersten Jahren gilt es lediglich, ungewünschte Beikräuter zu entfernen. Wildstauden wie Wilde Möhre, Natternkopf, Nachtkerzen, Hauhechel oder Färberkamille lässt Roth jedoch stehen: „Wenn Kulturstauden und Wildstauden sich so verbinden, dass eine Pflanzung natürlich aussieht - ist das wirklich das Beste, was passieren kann.“ dpa