Gemeinsam gewinnen

Foto: Kosmos Verlag

Bei Spieleabenden heißt es statt „ich habe gewonnen“ häufiger „wir haben gewonnen“: Kooperative Brettspiele sind beliebt. Sie bieten ein besonderes Gemeinschaftserlebnis.

25.11.2021

Spätestens die Wahl zum „Spiel des Jahres 2021“ hat es bewiesen: Kooperative Spiele sind immer beliebter und auch die Qualität stimmt. Nicht nur dass mit „Micro-Macro: Crime City“ (Spiel des Jahres) und „Paleo“ (Kennerspiel des Jahres) zwei Koop-Spiele die begehrten Preise abräumten, auch auf den Nominierungs- und Empfehlungslisten dominierten Titel, bei denen alle gemeinsam das gleiche Ziel verfolgen.

Die Spiele-Gattung, die vor einigen Jahren noch eher bei Kinderspielen verbreitet war, ist mittlerweile in der breiten Masse angekommen und in zahlreichen Variationen erhältlich.

„Ich denke, dass das Design von kooperativen Spielen in den letzten zwanzig Jahren einfach besser geworden ist“, sagt Spieleautor Matt Leacock. Der 50-jährige Amerikaner hat schon zahlreiche kooperative Spiele entwickelt. Sein bekanntestes ist „Pandemic“, das 2008 (damals noch als „Pandemie“) erschienen ist und seitdem weltweit millionenfach verkauft wurde.

Gewinnen oder verlieren? Egal, Hauptsache im Team Leacock glaubt, dass Spiele, bei denen alle am Tisch zusammen gewinnen oder verlieren, ein menschliches Bedürfnis nach positiver Kommunikation befriedigen. „Ich habe mit meiner Familie Verhandlungsspiele und sehr konfrontative Spiele gespielt, das ist oft nicht gut ausgegangen“, erzählt der Spieleautor. „Als wir jedoch kooperative Spiele spielten, fühlten wir uns am Ende alle gut, selbst wenn wir haushoch verloren hatten, einfach weil wir es gemeinsam getan haben.“

Auch der deutsche Brettspiel-Illustrator und -Designer Michael Menzel wollte Unfrieden zwischen seinen Kindern vermeiden, als er für sie das später zum „Kennerspiel des Jahres 2013“ gekürte „Die Legenden von Andor“ entwickelte. „Stattdessen wollte ich lieber, dass sie im Team zusammen arbeiten, um gemeinsam zu gewinnen! Am Ende des Spiels herrschte dann ein schönes Gemeinschaftsgefühl“, sagt Menzel. „Der große Vorteil bei kooperativen Spielen ist, dass mich der Zug meines Mitspielers direkt etwas angeht. Das macht sie sehr kommunikativ.“

Kooperative Spiele stärken nicht nur das Teamgefühl, sie erzählen auch häufig Geschichten. „Ich habe festgestellt, dass meine erfolgreichsten Spiele besonders die Emotionen der Spieler ansprechen und sie in das Erlebnis hineinziehen“, sagt Leacock. Menzel betont, dass alle Spielerinnen und Spieler stets involviert sind, selbst wenn man gar nicht am Zug ist. „Das kann einer Gruppe unvergleichliche Momente bieten, die noch lange über den Spieleabend hinaus nachhallen“, meint der 45-Jährige.

Eine Auswahl an empfehlenswerten kooperativen Spielen:

Für Weltretter: „Pandemic“ Wer hätte geahnt, dass der Spieleklassiker einmal so von der Realität eingeholt werden würde. In Pandemic müssen auf einer Weltkarte vier Seuchen bekämpft und gleichzeitig vier Gegenmittel entwickelt werden. Dabei gilt es, die passenden Karten zu sammeln und geschickt zu tauschen. In unterschiedlichen Rollen wie Wissenschaftlerin, Forscherin oder Sanitäter versuchen alle am Tisch, die Epidemien und Ausbrüche unter Kontrolle zu behalten. Von dem modernen Klassiker gibt es mittlerweile etliche Erweiterungen und Varianten.

Für Abenteurer: „Die Abenteuer von Robin Hood“

Die Verwandtschaft zu „Die Legenden von Andor“ ist beim neuen Werk von Michael Menzel unverkennbar und doch spielt es sich deutlich anders. Der Aufbau ist schnell, der Einstieg dank einer Losspielanleitung sehr einfach. Die Mitspielenden schlüpfen als Robin Hood, Maid Marian, Little John und/oder Will Scarlett in verschiedene Rollen und erleben in Nottingham zahlreiche Abenteuer, die in einem schönen Hardcover-Buch aufgeschrieben sind. Der Clou ist der Spielplan: Es gibt keine Felder, stattdessen bewegen sich alle mit Holzfiguren, die auf der offenen Landschaft aneinandergelegt werden. Zudem verändert sich der Spielplan durch drehbare Plättchen, die an einen Adventskalender erinnern.

Für Familien: „Kitchen Rush“ In der Küche geht es hektisch zu. Gemeinsam betreiben die Spielenden unter Zeitdruck ein Restaurant, empfangen Gäste, bereiten Speisen zu, sorgen für Nachschub an Lebensmitteln. Dabei gibt es keine Runden, sondern alle agieren gleichzeitig. Wer eine Aktion machen will, stellt eine seiner beiden Sanduhren auf ein Feld. Wenn sie durchgelaufen ist, kann wieder eine andere Aufgabe übernommen werden. Durch Szenarien steigt der Schwierigkeitsgrad langsam an. Text: dpa