Bäume umpflanzen

Kommt ein Kran zum Einsatz, muss man darauf achten, dass die Baumrinde nicht zu stark gequetscht wird. FOTO DPA

Einen alten Baum kann man nicht verpflanzen? Doch! Technisch ist das durchaus möglich. Die Frage ist aber, ob es auch gut ist, ihm diese Strapazen zuzumuten.

13.08.2022

Ein Umzug ist für jeden Baum ein Risiko. Jüngere Exemplare verkraften den Stress noch gut, für große und alte Bäume kann das aber ihr Todesurteil sein. Umso wichtiger ist es, die Aktion gründlich vorzubereiten.

„Ein Baum passt sich immer an die Bedingungen seines jahrelangen Standorts an. Er weiß genau, woher der Wind weht, wo er Wasser findet und wo andere Bäume stehen", sagt Christian Hönig, Referent für Baumschutz beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Er tauscht Informationen mit seiner Umgebung aus."

Je älter der Baum ist, desto besser hat er sich auf sein Umfeld eingestellt. Und umso schwerer fällt ihm ein Umzug an einen neuen Standort, ob im eigenen Garten oder gar ganz woanders hin. Christoph Dirksen vom Bund Deutscher Baumschulen sagt: „Bei Bäumen, die über 15 Jahre alt sind, wird es schwierig und sehr aufwendig, aber es ist durchaus möglich."

Einfach den Baum auszugraben und woanders neu einzusetzen großer das geht mit aber Sicherheit schief. Man sollte deshalb mehr als nur ein paar Monate Vorlauf einplanen. „Große Bäume brauchen eine zwei- bis dreijährige Vorbereitungszeit", sagt Michael Henze vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in Bad Honnef.

Diese Vorbereitung beginnt mit einem Wurzel- und Kronenschnitt. Bei älteren Bäumen ist es ratsam, diese über mehrere Vegetationsperioden zu wiederholen. Bei jüngeren reicht es, wenn man diese Arbeiten in der Vegetationsperiode vor dem geplanten Umzug macht.

Wurzelwerk verkleinern

Um den Wurzelballen in einen guten Zustand für das Anwachsen am neuen Standort zu bringen, hebt man um ihn herum einen Graben aus und sticht dabei überflüssige Wurzeln ab. Der Außenrand des Grabens wird der späteren Ballenaußenseite entsprechen, erklärt Henze.

Der Graben reicht in der Tiefe bis unter den Hauptwurzelbereich und hat eine Breite von mindestens 20 Zentimetern. Der Umriss sollte nicht zu eng gewählt werden, denn es sollte möglichst viel Wurzelmasse erhalten bleiben. Der Experte Henze rät, dass der Durchmesser des Wurzelballens mindestens den zwölffachen Durchmesser des Stammes umfassen sollte.

Beim Ausstechen des Grabens werden zwangsläufig lange feine Wurzeln gekappt, die sich weit in die Erde hineinziehen und den Baum mit Nährstoffen versorgen. Deshalb ist es wichtig, anschließend den Graben rund um den Wurzelballen mit einem speziellen Substrat mit Stoffen aufzufüllen, die das Durchwurzeln fördern. Und man muss den Ballen regelmäßig gut wässern.

Wachstum fördern

Der Graben und das Kappen haben ein Ziel: In der Folgezeit nach der Maßnahme wird der Baum neue Feinwurzeln am Wurzelballen bilden. Diese braucht er später auch dringend, um am neuen Standort anzuwachsen. Michael Henzes Tipp: „Man sollte möglichst viel Erde dran lassen, damit sich viele kleine Wurzeln bilden können."

Das Prinzip des Beschneidens des Wurzelballens zur Bildung von feineren neuen Wurzeln geht auf eine Methode aus den Baumschulen zurück: Die Vier-Jahres-Formel. Bäume, die beim Verkauf schon größer sein sollen, werden von den Profis in ihren ersten Jahren häufig umgesetzt.

,,Die Pflanze steht vier Jahre an einem Ort, wächst dort. Nach vier Jahren wird der Baum verpflanzt, dann wächst er noch einmal vier Jahre, wird wieder umgesetzt und so weiter - bis er verkauft wird und seinen endgültigen Platz bekommt", berichtet Baumschuler Christoph Dirksen. Diese Methode fördert die Bildung der feinen Wurzeln und ein so aufgezogener Baum kommt praktisch mit jedem Standort gut zurecht.

Nun aber zurück zum Baum aus Ihrem Garten: Zu den Vorbereitungen in der Saison vor dem Umzug gehört auch ein Rückschnitt der Krone. Sie wird um bis zu 50 Prozent verkleinert - am besten, wenn kein Laub am Baum ist. Dabei sollte man darauf achten, dass statt vieler kleiner Schnitte eher weniger und dafür größere Schnitte ausgeführt werden, damit der Baum nicht so viele Verletzungen davon trägt. Auch der Umzug des Gehölzes muss außerhalb der Vegetationsperiode vonstattengehen und keinesfalls dann, wenn der Baum noch Laub oder Früchte trägt. Die richtige Zeit ist November bis spätestens Ende April. Wichtig ist, dass kein Frost herrscht.

„So ein großer Baum ist sehr schwer und oft nicht ohne maschinelle Hilfe umzusetzen", sagt Christian Hönig vom BUND. „Wird ein Kran benutzt, darf der Baum nicht am Stamm angehängt werden, da sonst die Rinde so stark gequetscht werden kann, dass sie abstirbt."

Besser ist es, für große und schwere Exemplare Rundspatenmaschinen zu benutzen, die viele Greifarme haben und den kompletten Wurzelballen aus der Erde heben können. Das beugt Verletzungen des Baumes vor. Zum Schutz des Wurzelballens empfiehlt es sich, ihn beim Transport mit einem Jutesack zu umhüllen.

Alte Bedingungen

Der neue Standort sollte dem alten möglichst ähnlich sein, was Bodenbeschaffenheit, Hauptwindrichtung und Sonneneinstrahlung betrifft.

Die Pflanzgrube muss ausreichend groß sein, etwa anderthalb bis zweimal größer als der Wurzelballen. „Als Faustregel gilt: 30 Zentimeter Platz nach allen Seiten", sagt Michael Henze. „Die Tiefe sollte der Ballentiefe entsprechen."

Wenn der Baum drin ist, kann die Grube mit Kompost und lockerer Erde ausgefüllt werden. „Wichtig: Der Baum darf nicht tiefer eingepflanzt werden als an seinem alten alten Platz", so Christoph Dirksen. „Sonst besteht die Gefahr des Sauerstoffmangels und er könnte ersticken."

Umgesetzte Bäume brauchen weiterhin besondere Aufmerksamkeit und Pflege. So muss anfangs etwa besonders darauf geachtet werden, dass der Baum sicher stehen bleibt. Gegebenenfalls muss er mit Pfählen unterstützt werden. Sonst schwankt er im Wind und die Wurzeln können dabei abreißen. dpa