Kaum ein Teil des Gartens zeigt sich in unserer Wahrnehmung so selbstverständlich wie der Boden. Das führt dazu, dass wir diese essenzielle Grundlage pflanzlichen Wachstums gern vernachlässigen. Dabei handelt es sich um eines der komplementärsten Ökosysteme. „Der Boden ist lebendig“, sagt Ina Sperl, Buchautorin aus Köln. Sie erklärt, dass man beim Graben in der Erde mit bloßem Auge neben Regenwürmern auch Springschwänze, Asseln, Schnecken oder Spinnen sieht. „In einem Teelöffel eines intakten Bodens sind außerdem unzählige Pilze, Bakterien und Mikroorganismen enthalten“, sagt Sperl. All diese Lebewesen bilden ein Gefüge. „Darin sorgen die Lebewesen dafür, dass die anfallende organische Materie zersetzt, zerkleinert und im Boden angelagert wird“, erklärt die Böblinger Diplom-Biologin Bärbel Oftring. Sie präzisiert, dass die tote Materie aus Pflanzenresten und immer auch aus Kot, Kadavern und Teilen von Tierkörpern besteht.
Das macht einen guten Boden aus
Durch die Aktivität wird der Boden feinkrümelig und locker. Damit die Prozesse reibungslos ablaufen, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. „Luft ist ein wichtiger Bestandteil des Bodens, weil der enthaltene Sauerstoff für den Stoffwechsel der Organismen im Boden lebensnotwendig ist“, stellt die Kölner Buchautorin Sperl fest. Deshalb gehört es zu den wichtigen Geboten für Gärtner, dass der Boden nicht verdichtet wird. Dabei muss es gar nicht schweres Gerät sein, auch die täglichen Gehwege und das Betreten der Beete bei der Arbeit sind auf Dauer nachteilig für die Bodenstruktur. „Insbesondere wenn ein schwerer Boden nass ist, sollte man ihn nicht betreten“, rät Oftring. Das Ökosystem Boden hat einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Pflanzen. Das hängt damit zusammen, dass die Nährstoffe, die in der organischen Materie im Boden gebunden sind, durch für uns unsichtbare Bakterien und Pilze auch wieder pflanzenverfügbar gemacht werden. „Die Pflanzen sondern an den Wurzeln Stoffe ab - sogenannte Exsudate -, die Bakterien für die Freisetzung der benötigten Nährstoffe anlocken“, erläutert Oftring.
"Das traditionelle Umgraben von Flächen im Herbst oder Frühjahr ist nicht ratsam."
Den Boden zu pflegen, heißt das Bodenleben zu fördern. Eine entscheidende Voraussetzung ist der Verzicht auf den Einsatz von Giften. „Herbizide und Fungizide lassen aus vielerlei Gründen die Bodenorganismen absterben“, sagt Oftring. Die Lebewesen müssten in der Gesamtheit da sein, damit die Abläufe funktionierten. Die moderne Erforschung des Bodens zeigt, dass man bei der Bodenpflege dafür sorgen muss, die Lebewesen auch in ihrer Schichtung zu schützen. Das traditionelle Umgraben von Flächen im Herbst oder Frühjahr ist deshalb nicht ratsam. „Eine dicke Mulchschicht fördert auch die Lebewesen in der Erde, die wichtig für eine lockere Bodenstruktur sind“, sagt Sperl. Diese Decke aus organischer Materie auf dem Boden hat weitere Vorteile. Im Winter bleibt das Bodenleben länger aktiv, weil die Temperaturen nicht so stark absinken. Außerdem verhindert der Mulch, dass die obere Schicht durch UV-Strahlung Schaden nimmt. Der als Erosion bezeichnete Abtrag von Boden durch Wind und Wasser wird verhindert.
Es gibt viele verschiedene Mulchmaterialien, die besten liefert der Garten selbst. „Es ist wichtig, dass man organische Stoffe verwendet“, sagt Oftring. Sie betont, dass anfallender, angetrockneter Rasenschnitt, Laub von den Bäumen und Gründüngung sowie natürlicher Wildkräuterwuchs ideal sind, um den Boden zu pflegen. Text dpa / Fotos AdobeStock