In der Bundesliga spielten der FC Schalke 04 und Borussia Dortmund 99. Mal gegeneinander. Die Bilanz spricht mit 37 Siegen leicht für den BVB, doch am Ende sorgen die Geschichten rund um ein Derby immer für spektakuläre Geschichten.
Das 4:4 im November 2017 dürften sicher noch ganz viele Fußballfans auf dem Schirm haben, aber kennt jemand noch die Geschichte um Torhüter Jens Lehmann?
Schalke kann davon nicht genug bekommen
Am 19. Dezember 1997 gab es im Dortmunder Westfalenstadion ein Derby zwischen dem BVB und Schalke 04, das sich bis heute fest in der Erinnerungskultur beider Vereine etabliert hat. Dortmund denkt an diese 90 Minuten nicht gern zurück, Schalke kann beim Rückblick gar nicht genug davon bekommen.
Das hatte es in der Bundesliga zuvor noch nie gegeben: Am 19. Dezember 1997 erzielte Jens Lehmann als erster Torhüter aus dem Spiel heraus ein Tor für seine Mannschaft. Im Derby beim BVB war Schalker der Schlussmann in der Nachspielzeit per Kopf erfolgreich.
Die Schalker Fans hatten sich mit der knappen Niederlage fast schon abgefunden, da gab es in der Nachspielzeit noch einmal einen Eckball für ihr Team. Kapitän Olaf Thon übernahm die Ausführung, es folgte die Verlängerung von Thomas Linke - dann war Torwart Jens Lehmann zur Stelle, den es in der dramatischen Schlussphase nicht mehr in seinem Kasten gehalten hatte. Und was machte Lehmann? Er köpfte unhaltbar ein.
Der Schalker Fanblock geriet außer Rand und Band. Mit „Lehmann in den empfingen Sturm“-Rufen ihn seine Mitspieler nachher in der Kabine. Mit „Auf geht's, Lehmann schießt ein Tor" besangen ihn die Fans noch lange nach dem Abpfiff. Doch der Keeper blieb cool: ,,Ich habe vorher zwei Treffer kassiert. Da hat man immer ein schlechtes Gewissen. Mit meinem Tor hat sich dann der Kreis geschlossen. Aber ich ärgere mich mehr über Gegentore, als dass ich mich über das Tor freue." Ein typischer Lehmann eben.
BVB-Präsident Gerd Niebaum verlor nach den dramatischen 90 Minuten die Contenance: ,,,,Da kommt so ein Weihnachtsmann daher und bringt uns um den Erfolg." Gemeint war Linienrichter Dirk Margenberg, der nach Ansicht vieler BVB-Fans zu unrecht auf Eckball vor dem Tor von Lehmann entschieden hatte. Lehmanns Kopfball aber war nicht nur der Ausgleich. Das Bundesligator Nummer 33.325 machte ihn berühmter als jede Parade: Es war der erste Treffer eines Torhüters aus dem Spiel heraus. „In dem Moment", sagte Margenberg, „wusste ich nicht, dass Jens Lehmann gerade Geschichte geschrieben hat."
Auch Lehmann wusste es nicht. Und BVB-Chef Niebaum schon gar nicht. Ihm war es sowieso egal, wer da eingeköpft hatte, der Torwart, der Weihnachtsmann oder wer auch immer. „Das Tor hätte nur nie und nimmer gegeben werden dürfen." Margenberg sagte, „als ich auf Eckball entschied, war ich mir ganz sicher". Erst später am Abend, als Marc Wilmots vor den Fernsehkameras erzählte, der Ball sei ihm schlicht und ergreifend über den Schlappen gerutscht, es sei einfach ein Stockfehler gewesen und nein, natürlich keine Ecke, da wusste auch Margenberg um seine Fehlentscheidung.
Morddrohungen auf dem Anrufbeantworter
Vom Spielfeld in die Kabine musste das Schiedsrichtergespann von Ordnern mit Regenschirmen eskortiert werden. Es blieb nicht bei Feuerzeugen und Bierbechern, die nach ihnen geschmissen wurden. „Zu Hause", erzählte Margenberg, „hatte ich Morddrohungen auf dem Anrufbeantworter." Und das nur für eine falsch entschiedene Spielsituation.
Den Königsblauen war das herzlich egal. Die Mannschaft feierte das Unentschieden bis in den frühen Morgen.
Jens Lehmann gewann mit seinem Treffer übrigens auch den Wettbewerb „Tor des Monats" für den Dezember 1997.