Empfindliche Helfer: Lohnen sich Hörgeräteversicherungen?

Eine Versicherung speziell für das Hörgerät abzuschließen, lohnt sich in vielen Fällen finanziell nicht. FOTO: HEINL/DPA-TMN

Verbraucherschützer halten Hörgeräteversicherungen oftmals für überflüssig. Doch es gibt Fälle, für die sich eine Absicherung grundsätzlich lohnt.

30.07.2022

Hörgeräte sind empfindlich und teuer. Fällt eines zu Boden und tritt unglücklicherweise auch noch jemand darauf, kann es kaputt gehen. Lohnt sich für solche und andere Fälle eine Hörgeräteversicherung? Das ist eine Frage, die sich viele stellen dürften. Oft wird sie schon beim Kauf der Hörhilfe aufgeworfen, denn auch Hörakustiker vermitteln entsprechende Policen.Doch der Verbraucherschutz ist skeptisch. „Oftmals lohnt sich eine Hörgeräteversicherung nicht“, sagt Julia Alice Böhne vom Bund der Versicherten in Hamburg. Vor allem, wenn die Krankenkasse die Kosten für das Hörgerät ohne Eigenbeteiligung des oder der Versicherten komplett übernimmt, ergebe eine entsprechende Police keinen Sinn. „In einem solchen Fall kommt die Kasse auch für Reparaturen und für die Wartung auf“, so Böhne.Hinzu kommt: Gesetzlich Versicherte können laut Stiftung Warentest zumeist alle sechs Jahre eine Folgeversorgung beanspruchen - sprich: ein neues Hörgerät. Verschlechtert sich das Hören, ist dies auch eher möglich.

Kostenübernahme bei Anschaffung

Nach Angaben der Verbraucherzentrale NRW übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen zumeist pro Hörgerät Kosten von 685 Euro sowie eine Pauschale für individuell gefertigte Ohrstücke in Höhe von 33,50 Euro. Auch eine Servicepauschale für Reparaturarbeiten von rund 125 Euro übernehmen die Kassen. Wer an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit leidet, bekommt von der Kasse für das Hörgerät rund 840 Euro.

Es gibt aber auch Versicherte, die ein höherwertigeres, optisch ansprechenderes und damit teureres Hörgerät möchten als das, für das die Krankenkasse aufkommt. In dem Fall müssen Versicherte eine hohe Zuzahlung leisten. Dann kann es sich unter Umständen lohnen, wenn sich Versicherte in puncto möglichem Totalschaden oder Verlust absichern.

„Ob dies aber unbedingt eine Hörgeräteversicherung sein muss, sei dahingestellt“, sagt Böhne. Besser ist es aus ihrer Sicht, für den Fall der Fälle einen bestimmten Betrag beiseite zu legen.

Wichtig zu wissen: Der Anbieter einer Hörgeräteversicherung zahlt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zufolge nicht, wenn der oder die Versicherte eine andere Versicherung - etwa Haftpflicht oder Hausrat - in Anspruch nehmen kann.

Selbstbeteiligung im Versicherungsfall

Die Policen beinhalten in der Regel nicht nur einen Versicherungsschutz für Verlust und Totalschäden, sondern auch für Beschädigungen - etwa durch Bedienfehler oder Wasser und Feuchtigkeit, zählt Julia Alice Böhne auf. Auch bei Diebstahl zahlt zumeist der Anbieter. Gleiches gilt bei kaputtem oder verlorenem Zubehör wie etwa Schläuche oder Otoplastiken.

Kommt es nun zum Schadens- oder Verlustfall, müssen Versicherte oftmals einen Teil der Kosten übernehmen. „Eine solche Selbstbeteiligung ist in den meisten Tarifen vorgesehen“, sagt Verbraucherschützerin Böhne. Auch das wirft aus ihrer Sicht die Frage auf, ob sich der Abschluss einer Hörgeräteversicherung unter dem Strich lohnt.

Oftmals leistet der Versicherer innerhalb der Vertragslaufzeit laut Bafin nur einmal pro Schadenskategorie. Das bedeutet: Geht innerhalb der Vertragslaufzeit von beispielsweise drei Jahren das Hörgerät zweimal kaputt, kommt im Zweifelsfall der Versicherer für den zweiten Fall nicht auf.

Bei Herstellungsfehlern zahlt die Police grundsätzlich nicht. Kunden können dann die gesetzliche Gewährleistung in Anspruch nehmen. Das bedeutet, sie haben innerhalb der ersten zwei Jahre einen Anspruch darauf, dass Hersteller ein defektes Gerät reparieren oder austauschen. Verschleiß ist nach Bafin-Angaben in der Regel im Versicherungsschutz ebenfalls nicht eingeschlossen.

Versicherung beim Probetragen

Und was gilt beim Probetragen eines Hörgeräts? Dafür gibt es laut Stiftung Warentest separate Absicherungen. Interessierte sollten sich bei ihrem Akustiker oder bei ihrer Akustikerin erkundigen. Die Bafin rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, Vertragsunterlagen zu ihren Versicherungsverträgen wie Hausrat oder private Haftpflichtversicherung daraufhin zu checken, ob geliehene Sachen und damit auch Hörgeräte mitversichert sind.

Wer sich nun für den Abschluss einer Hörgeräteversicherung entscheidet, kann sich ein Angebot eines Versicherungsunternehmens direkt von einem Akustik-Betrieb vermitteln lassen. Dann ist allerdings eine Auswahl von Angeboten verschiedener Versicherer oft nicht möglich. Interessierte können Versicherungsunternehmen aber auch selbst kontaktieren und dann einfach mehrere Tarife oder Angebote miteinander vergleichen.

Egal, wie nun der Versicherungsabschluss zustande kommt: „Kunden sollten mit dem Anbieter in jedem Fall eine Neuwertentschädigung des Hörgeräts im Fall eines Verlustes vereinbaren - und keine Zeitwertentschädigung“, rät Böhne. dpa-tmn