Hauptberuflich reiten, das klingt fantastisch. Doch die malerische Vorstellung vom ganztägigen Umgang mit dem Pferd, trügt. Nicht nur Pferde, auch Verwaltung und Pferde-Menschen verlangen Pferdewirtschaftsmeister Jan Schulze Niehues viel ab. Und trotzdem ist der Beruf für ihn alternativlos- und eine Herzensangelegenheit.
Wie sein Arbeitsalltag aussieht und was junge Menschen, die mit der Ausbildung liebäugeln, mitbringen sollten, verrät er im Job-Protokoll.
Mein Weg in den Beruf:
Meine Berufswahl lag nahe: Mein Vater führt als Pferdewirtschaftsmeister unsere Fachschule Reiten bereits in zweiter Generation. Mit Pferden und Gästen bin ich auf dem Hof aufgewachsen. Nach der Schulzeit habe ich zunächst eine Ausbildung zum Industriekaufmann abgeschlossen. Danach kamen die Lehre zum Pferdewirt Schwerpunkt Reiten und später die Meisterprüfung, um auf die geplante Betriebsübernahme möglichst gut vorbereitet zu sein.
So sieht mein Alltag aus:
Auf unserem Hof bieten wir nicht nur Reitlehrgänge an, sondern trainieren auch Sport-Pferde, um sie auf Reitturnieren vorzustellen. Mein Arbeitstag startet morgens um 7.30 Uhr mit Büro- und Verwaltungstätigkeiten. Hierzu gehören auch Mitarbeiter- und Teamgespräche über die Tages- und Wochenplanung und Organisationsmöglichkeiten.
Von 10 Uhr bis 12 Uhr sind Reiteinheiten mit meinen Turnierpferden. Dabei arbeiten wir im Team, sodass die Pferde für das Training optimal vorbereitet sind. Von 12 Uhr bis 14 Uhr haben wir Mittagspause. Diese Zeit nutze ich häufig für den Ausgleichssport. Nachmittags gebe ich meistens drei Stunden Reitunterricht. Ab 17 Uhr werden dann wieder die Turnierpferde trainiert. Bis alle anfallenden Tätigkeiten diesbezüglich erledigt sind, ist es meist 20 Uhr.
Am Wochenende ist die Arbeitszeit ähnlich: Häufig stehen dann zusätzlich Turnierveranstaltungen an, bei denen meine Partnerin und ich nicht nur selbst reiten, sondern auch Reitschüler bei ihren Turnierstarts begleiten. Das heißt: Eine Fünf-Tage-Woche gibt es in unserem Betrieb nicht. Sowohl die Gäste als auch die Pferde verlangen jeden Tag Engagement und Aufmerksamkeit - und das sieben Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr.
In die Fachschule für Reitausbildung kommen unterschiedliche Menschen: überwiegend aus Deutschland, aber auch aus dem benachbarten Ausland. Einige, die das erste Mal den Kontakt zu einem Pferd suchen, ebenso wie solche, die bereits auf Turnieren erfolgreich waren. Über die Jahre hat sich ein vertrauensvolles Verhältnis zu unseren Kunden entwickelt.
Das Beste an meinem Job:
Der Umgang mit dem Pferd ist einzigartig und für mich eine Herzensangelegenheit. Die Ausbildung von Pferd und Reiter gefällt mir sehr und dabei auch die gute Zusammenarbeit im Team.
Das erschwert meinen Beruf:
Wie in vielen anderen Betrieben, ist es auch bei uns nicht immer ganz einfach, ein passendes Team für die einzelnen Arbeitsbereiche zu finden. Wir versuchen dabei die Interessen der Mitarbeiter, sowohl im Stallbereich als auch im Gastronomiebereich, möglichst optimal zu berücksichtigen.
Ein Fakt spielt leider gegen uns: Das Lehrpferd als solches steht durch gestiegene Kaufpreise und die Haltungskosten inzwischen - nur wirtschaftlich betrachtet schwer in der Bilanz. Der hohe Kaufpreis sowie die gestiegenen Haltungskosten erscheinen oft sehr unwirtschaftlich. Aber mit Blick auf den Nutzen für die Kunden sind für uns diese Investitionen unabdingbar und gewollt. Gleichzeitig zwingen sie uns aber auch, neue Geschäftsmodelle zu denken und umzusetzen.
Was ich zu hören bekomme, wenn ich von meinem Beruf erzähle:
Einen Berufsreiter stellen sich viele Menschen ganztägig im Sattel vor. Erzähle ich dann von unserem Betrieb und der Verantwortung für die Vielzahl der Mitarbeiter, verstehen die meisten sehr schnell, dass hier neben dem Reiten noch viele andere Bereiche abgedeckt werden müssen.
Das empfehle ich jungen Menschen, die Pferdewirt werden wollen:
Zunächst in einen entsprechenden Betrieb kommen, möglichst ein mehrwöchiges Praktikum dort absolvieren und Eindrücke gewinnen.
Beim Pferdewirt Schwerpunkt Reiten sind gute Vorkenntnisse notwendig und werden meistens vorausgesetzt. Je besser der Leistungsstand, umso leichter hat man es in der Ausbildung.
Mein Tipp: Nach der Ausbildung möglichst die Weiterbildung zum Meister anstreben. Das ist in diesem Beruf genauso wie in anderen Ausbildungsberufen. Es gibt eine große Nachfrage an Fachkräften und die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten im Beruf sind dementsprechend. dpa