Was zieht Unternehmen indie Region Vest? Was hat die Region zu bieten, was andere Regionen nicht haben? Wirtschaftsförderer und -förderinnen sowie Sprecher aus verschiedenen Städten im Vest erzählen.
Für Dr. Manfred Gehrke, Leiter der Wirtschaftsförderung Marl, gibt es beispielsweise drei besonders hervorzuhebende Standort-Vorteile seiner Stadt. „Wir haben eine der letzten großen und zusammenhängenden Industrieflächen. Dieses bietet schon allein von der Größe her tolle Chancen für Erweiterungen und Neuansiedlungen“, sagt er. Weiterhin von Bedeutung für die Region sei die tridimensionale Anbindung durch den Wesel-Dattel-Kanal inklusive Hafen, die Bahngleise sowie die Autobahn.
Durch Unternehmen wie den Chemiepark Marl pflege man internationale Kontakte und könne eine sehr gute Infrastruktur bieten. „Unternehmen aus der ganzen Welt interessieren sich für Marl aufgrund dieser Faktoren", so Gehrke. Erwähnenswert sei in diesem Zusammenhang auch das Flaggschiff der Region - das sogenannte „gate.ruhr". Das Projekt beinhaltet die Entwicklung der ehemaligen Bergwerksfläche Auguste Victoria zum Zukunftsstandort mit zahlreichen neuen Arbeitsplätzen.
Ideale verkehrstechnische Anbindungen dank A2 und A43 sowie einen Hauptbahnhof mit ICE-Stopp führt auch Hermann Böckmann, Sprecher der Stadt Recklinghausen an, wenn es um die Standortvorteile seiner Stadt geht.
Altstadt und Kultur
„Unternehmen, die sich ansiedeln wollen, finden attraktive Gewerbeflächen in strategisch günstiger Lage", so Böckmann. Insbesondere erwähnenswert sei hier das Gewerbegebiet Recklinghausen Blumenthal - dort stehen etwa neun Hektar auf drei benachbarten Teilflächen zur Verfügung, die flexibel aufgeteilt werden können. Bei der Vermarktung dieser und anderer Gewerbeflächen lege die Stadt Wert auf Nachhaltigkeit und Ökologie. Hinzu kämen sogenannte „weiche Standortfaktoren", die immer mehr an Bedeutung gewinnen würden. Dazu gehörten in Recklinghausen beispielsweise die Altstadt mit Einzelhandel, Einkaufszentrum und Gastronomie, aber auch die Kultur (u.a. Ruhrfestspielen, Kunsthalle, Ikonenmuseum), die gute medizinische Versorgung in drei Krankenhäusern, die differenzierte Bildungslandschaft Recklinghausens sowie zahlreiche Sport- und Freizeitangebote.
Aktives Management und Marketing
Ebenfalls wichtig für Unternehmen sei das aktive Standortmanagement und -marketing der Stadt. Der Fachbereich Wirtschaftsförderung, Standortmarketing und Stadtmarketing übernehme bei Projekten, Expansionen, Problemen oder Ansiedlungen eine Lotsenfunktion, um Unternehmen aktiv zu unterstützen. Ein bundesweit beachtetes Projekt der Stadt sei beispielsweise die Revitalisierung der ehemaligen Karstadt-Immobilie mit einem Mix aus Wohnen, Büros, Dienstleistung, Gastronomie, Einzelhandel und Kindertagesstätte.
Neben einer guten Verkehrsanbindung zum Oberzentrum Dortmund - unter anderem durch Schnellbus- und XBus-Liniensind Burkhard Tiessen vom Fachbereich Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung und Nahmobilität der Stadt Waltrop noch andere Vorteile seines Standorts wichtig. Für ihn gehören gut ausgebildete Arbeitskräfte genau so dazu wie ein attraktiver Wohnstandort, eine fast durchgängig vorhandene Glasfaserinfrastruktur, eine gute Bildungslandschaft und ein reichhaltiges Kulturleben. Als wirtschaftliches Aushängeschild Waltrops sieht er das Arbeiten im Park-Projekt Zeche Waltrop mit Unternehmen wie Manufactum und Hase-Bikes sowie den Werkpark Waltrop.
Michael Blume vom Amt Wirtschaftsförderung für der Stadt Herten ergänzt im Bezug auf die Standort-Vorteile seiner Stadt sowie der Region neben der zentralen Lage auch die große Hochschuldichte im Ruhrgebiet. „Herten ist zudem wichtiger Bestandteil der Wasserstoffregion Emscher-Lippe H2EL", so Blume. Ebenfalls wichtig für den Standort Herten sei die Entwicklung neuer Gewerbe- und Industriegebiete auf ehemaligen Bergbaustandorten wie der neuen Zeche Westerholt, Schlägel & Eisen sowie Ewald.
Aufgabe der Hertener Wirtschaftsförderung sei es, als Unternehmenslotse der Stadtverwaltung zu fungieren, Gewerbeimmobilien zu vermitteln und bei gewerblichen Bauvorhaben unterstützend zu wirken. Beratung über Fördermöglichkeiten oder im Bereich Energie würden ebenfalls angeboten.
„Nicht nur mit dem Verkehrsnetz, sondern auch mit dem Breitbandausbau bietet die Stadt optimale Voraussetzungen für Unternehmen“, sagt indes Sophie Hoffmeier, Sprecherin der Stadt Haltern am See.
Haltern sei dank A52 und B58 sowie zwei Bahnhöfen in alle Richtungen sehr gut erreichbar. Mitten im Zentrum dieses Verkehrsnetzes hätten die fünf Gewerbegebiete der Stadt somit gute Anbindung an die größten Wirtschaftsräume Deutschlands und Europas.
Zukunftsweisende Projekte
Diese Gewerbegebiete zeichnen sich laut Hoffmeier durch ein überwiegend breit gefächertes Handwerk und produzierende Unternehmen von klein- bis mittelständischer Struktur aus. Neben dem Wasserwerk, Sandabbaubetrieben und Kalksandsteinwerken befinden sich zahlreiche Unternehmen in der Stadt, die einen Schwerpunkt in der Metallbearbeitung und dem Maschinenbau aufweisen. Bedeutung Überregionale übernähmen aber vor allem die Trinkwassergewinnung sowie der Quarzsandabbau.
Eine weitere Besonderheit Halterns: „Aufgrund der Vorrangfunktion als Freizeit- und Naherholungsschwerpunkt kam es in der Vergangenheit und wird es in Zukunft zu keinen großflächigen Industrieansiedlungen kommen." Tourismus, Einkaufen, Freizeitwirtschaft sowie Natur zeichneten die Stadt aus.
An zukunftsweisenden wirtschaftlichen Projekten führt Sophie Hoffmeier zum Beispiel die Eröffnung der größten schwimmenden Solaranlage Deutschlands auf dem Silbersee III durch die Quarzwerke GmbH sowie die Eröffnung des ersten „E-Parktower" in Deutschland durch die E-Parktower GmbH an. Zudem unterstütze die Stadt Haltern am See die Forderung zum Ausbau der regionalen Wasserstoff-Infrastruktur.
Text: Manuela Hollstegge